UNWETTER IN HÖFINGEN

Quelle: Dorfchronik

Wir lassen nun einige Schilderungen der Hochwasserkatastrophen folgen, soweit noch Berichte und Erinnerungen darüber vorliegen.

Am 1. Juli 1891 ging ein schweres Gewitter vor dem Süntel nieder, das wolkenbruchartigen Regen mit starkem Hagelschlag brachte. Alte Leute erzählten uns in unserer Kindheit, dass "dä Haogelschleoten" (die Hagelschloßen) größer als Taubeneier gewesen wären und die gesamte Ernte fast völlig vernichtet hätten, so dass die Bauern nach der Katastrophe Buchenlaub aus dem Süntel als Viehfutter heranschaffen mussten. Merkwürdiger Weise hatte nämlich der Süntel keine Hagelschäden davongetragen. In Pötzen gedenkt man noch heute in einer Feier dieses Hagelunwetters. In etwa zehn Minuten waren die Ufer des Pötzer Baches überflutet, und das Wasser drang in die Häuser. Im Ortsteil Texas stieg das Wasser im Hause Nr. 28 im Stall und im Keller einen Meter hoch. Das Vieh, eine Kuh, zwei Schweine und zwei Ziegen mussten beim weiteren Steigen des Wassers die Treppe hinauf in die Wohnung geführt werden, um es vor dem Ertrinken zu retten. Als das Wasser nach zwei Stunden gefallen war, machte es mehr Schwierigkeiten, die Tiere die Treppe wieder hinunterzuführen, als vorher vom Stall in die Wohnung zu bringen. In den Nachbarhäusern Nr. 29 und Nr. 30 herrschten ähnliche Zustände.

Das nächste Hochwasser wurde wieder durch Gewitter vor dem Süntel ausgelöst, und zwar am 2. Juli 1903. Das Hochwasser wurde zwar gemeldet, aber da war es auch schon da, überschwemmte die Bachniederung und wälzte sich über die Straße in Wohnräume, Keller und Ställe und weiter auf Fischbeck zu.

Nach dieser Katastrophe zog die Gemeinde Fischbeck die Konsequenz und beschloss den Bau der Talsperre, die im Jahre 1906 fertiggestellt war. Der Damm hatte eine Länge von 170 Metern, und die Höhe betrug ca. 6 Meter. Das so entstandene Rückhaltebecken konnte eine Wassermenge von 164.000 Kubikmetern fassen. Der Nährenbach floss durch einen Tunnel im Damm, und ein Überlauf am südöstlichen Ende des Dammes sollte zur Entlastung des Staubeckens bei Hochwasser beitragen.

Im Februar 1909 bestand der Damm bei einer mit starken Regenfällen verbundenen, plötzlichen Schneeschmelze seine erste Probe. Auch im Jahr 1925, im Januar 1926, am 9. Juli 1926 und im Januar 1932 war das Staubecken bis an die Dammkrone gefüllt und hielt stand. So schienen für Fischbeck in der Zukunft Hochwasserkatastrophen gebannt zu sein.

Am 9. Juli 1926 zog gegen 17 Uhr über Höfingen hinweg ein schweres Gewitter zum Süntel. Die Erntearbeiten mussten eingestellt werden, und jeder versuchte noch schnell, das schützende Haus zu erreichen. Das Gewitter hielt vor dem Süntel, und plötzlich entlud sich ein furchtbarer Wolkenbruch. Es war, als fiele der Regen in "Mollen" vom Himmel. Das Dorf Haddessen versank im Dunkel der Wolkenmassen, von dort wälzten sich die Regenmengen über Haegersmühle ins Dorf Höfingen. Lehrer Adolf Andermann berichtet darüber in der Schulchronik. Die Flutwellen durchbrachen Zäune und Türen und strömten durch die Häuser.

Am stärksten betroffen wurden die Hausstellen Nr. 15, Nr. 20 und besonders der Hof Nr. 2, wo der Nährenbach einen großen Bogen macht. Die Wogen stürzten direkt geradeaus gegen die lange Hausmauer, die aufgrund der Erfahrungen aus früheren Katastrophen gebaut worden war. Bald wurde die Mauer an einer Stelle eingedrückt, und schon ergossen sich die Wassermassen über das ganze Hofgrundstück, strömten durch das alte Bauernhaus, in die Stallungen, in die Wohnräume und durch die Scheune. Das Wasser stand auf der großen Diele und in den Zimmern einen Meter hoch. Das Abendessen, das schon auf dem Küchenherd vorbereitet war, wurde vom Herd geschwemmt. In den Zimmern waren die Schränke umgekippt, und der Inhalt schwamm mit Schuhen, Kleidungsstücken, Stühlen und Betten auf den Wogen. Zum Glück war der Ausgang von der Küche nach draußen verschlossen, sonst wäre alles davongeschwommen. Verheerend sah es auch in den Ställen aus. Pferde und Kühe standen bis zum Bauch im Wasser. Nach etwa zwei Stunden hatten sich die Wassermassen verlaufen, aber ein Bild des Grauens war zurückgeblieben.

Auch der Ortsteil Texas war bei dieser Katastrophe wieder stark betroffen. Bei dem Gewitter setzte starker Regen ein, aber erst als der Regen nachließ, drängten die Wassermassen durch die Talmulde über die Straße und richteten ähnliche Schäden an wie bei den Überschwemmungen früherer Jahre. Im Keller und Stall des Hauses Nr. 28 hatte die Wasserhöhe wieder 1,20 m betragen.

Die größte Flutkatastrophe erlebten die Sünteldörfer - und vor allem Fischbeck - am 19. Juli 1966. In breiter Front hielten mehrere Gewitter von Bensen bis Pötzen vor dem Süntel. Gegen 17 Uhr setzte plötzlich strömender Regen ein, als hätte der Himmel alle Schleusen geöffnet. In der kurzen Zeit von 2 Stunden fiel eine Niederschlagsmenge von 80 mm, das sind 4/5 hl = 80 Liter auf einen Quadratmeter. Die Wassermassen schossen von den Hängen des Süntels zu Tal, füllten die Bäche und Mulden und strömten durch Gärten und Häuser, alles mitreißend, in gewaltigen Wogensprüngen auf Höfingen zu und füllten in kurzer Zeit das Rückhaltebecken der Talsperre oberhalb Fischbecks mit seinem Fassungsvermögen von 164.000 m³. Wieder wurden die Häuser und Hofstellen, die dicht am Bach lagen, am schwersten betroffen. Die Wassermassen drückten die Schutzmauer des Hofes Nr. 2 in einer Länge von 20 Metern ein, und das Wasser überflutete in rasendem Lauf sämtliche Ställe, die Scheune und das neue, unterkellerte Wohnhaus. In den Kellern stand das Wasser 1,70 m hoch, in den Ställen 1 m. Das Vieh stand ruhig im Wasser, es war ja warm. Der Regen hatte längst aufgehört, aber man konnte nichts unternehmen, denn das Wasser staute von der Talsperre bis in unser Dorf. Höfingen lag da wie in einem See. Wir glaubten uns stark betroffen und Fischbeck geschützt.

Um 21 Uhr fiel plötzlich das Wasser. Das wurde zur Katastrophe für Fischbeck; denn der Damm war gebrochen. Eine riesige Flutwelle stürzte auf das Dorf zu und vernichtete alles, was ihr entgegenstand. Das Wasser erreichte den bis dahin höchsten Stand von 2,82 m über der Straße. 1903 waren 1,92 m erreicht.

Über den Dammbruch und das Ausmaß der Zerstörung und Verluste berichtet August Spilker eingehend und anschaulich in der Chronik der Gemeinde Fischbeck.