Weihnachten - so war es früher

von Gertrud Schaper

Die Adventszeit in meiner Kindheit war ein ruhige besinnliche Zeit, nicht so hektisch wie heute. Wir saßen abends im Wohnzimmer zusammen, die Kerzen am Adventskranz brannten, es war ein großer Adventskranz, der mit breiten Bändern unter der Zimmerdecke befestigt war. Äpfel, Birnen und Nüsse aus eigener Ernte und ein Tannenstrauß standen auf dem Wohnzimmertisch. Mein Vater las uns Geschichten vor, wir Kinder bastelten, meine Oma und meine Mutter machten Handarbeiten.

Einen Adventskalender, wie heute gab es nicht. Am Niklausabend stellten wir unsere Schuhe auf die Fensterbank und ab dann durften wir jeden Abend die Schuhe vor das Fenster stellen und am anderen Morgen lag immer eine Kleinigkeit drin.

Eine feine Sache in der Adventszeit war das Plätzchenbacken. Meine Mutter backte Heidesand, Spritzgebäck und Mürbeteig-Plätzchen. Wir Kinder durften ausstechen, Tannenbäume, Sterne, Herzen, Weihnachtsmänner und Monde. Wenn die Plätzchen ausgekühlt waren wurden sie mit Puderzucker bestrichen und anschließend mit bunten Zucker oder Schokoladenstreusel verziert. Die gleichen Plätzchen habe ich später mit meinen Kindern und dann mit meinen Enkelkindern gebacken.

Ich (1930 geboren) habe drei Schwestern, meine jüngste Schwester 1940. So gab es, bis ich 18 Jahre wurde immer mindestens ein Kind, das noch an den Nikolaus und an den Weihnachtsmann glaubte. So war die Adventszeit eine Zeit der Spannung und Erwartung.

Am heiligen Abend fuhren wir mit dem Kutschwagen zur Kirche. Ein paar Mal, als wir genügend Schnee hatten, sind wir mit dem Pferdeschlitten gefahren. Das war ein besonderes Erlebnis. 1937 kaufte mein Vater einen Opel Kadett. Zweimal fuhren wir Heiligabend mit dem Auto zur Kirche. 1939, der 2. Weltkrieg hatte angefangen, wurden die Privatautos beschlagnahmt. Wenn wir aus der Kirche kamen, haben wir in Fischbeck die ersten beleuchteten Tannenbäume gesehen. Damals war es nicht so, dass es in der ganzen Adventszeit schon überrall beleuchtete Tannenbäume und Girlanden gab.

Zu Hause angekommen gab es Kirschkuchen mit Eierguss und Schlagsahne. Kirschkuchen gibt es auch in meiner Familie immer noch am Heiligabend und Weihnachten.

Dann kam die Bescherung. Der Tannenbaum sah wunderschön aus, mit viel Lametta, wie es früher üblich war und echten Kerzen, auch die Wunderkerzen durften nicht fehlen. Wir bekamen Bücher, Spiele und Sachen zum Anziehen. Unter dem Tannenbaum saßen unsere Puppen, die der Weihnachtsmann vor Weihnachten abgeholt hatte, neu eingekleidet. Am 1. Weihnachtstag gab es immer Gänsebraten aus eigener Zucht.

Die Sache mit den Plätzchen, dem Kirschkuchen und dem Gänsebraten habe ich beibehalten. Meine Familie besteht auf dieser Tradition.