Dewezet 24.10.08
Vielen Dank an Horst Boose!

Plattdeutsche Geschichte

Der NDR richtet seit Jahren - alljährlich immer im Februar - einen Wettbewerb über heimische Themen in "Plattdeutsch" aus. 2008 lautete das Thema "Iuse Scheoulen doamals" (unsere Schulen damals). Auf Einladung des NDR nahm Konrad Diekmann wieder teil.

"In de School"
Beu ösch segget se: "In de Scheole"
von Konrad Diekmann.

Woil et in Höwinge koine Scheole gaff, häbbe eck moine Scheoltoit von April 1918 inner Haddesser Scheole vabrocht. De Wech noer Scheole wür tweudiusend Meter weut. Schlimm was et in Winter wenn woi lütschen Kinner dör den deupen Schneu goan mosten. Dat Scheolhius har eunen Unnerrichtsrium un de Scheolmesterwohnunge me ner Dür inne Scheole. In den Unnerrichtsrium stön'n an den Soiten de Bänke un de würn meen Disch un'ner Tornisteraflaoge verbunnen. Davör stont inner Midde dat Scheolmesterpult un an euner Soite de greote Taofel un an ner anner dat Boikerschapp. In ner Ecke stonnt de Ohben (Ofen). Eun Junge moste seck ümme dat Fuier kümmern, hei moste morjens ne halwe Stunne freuer komen un dat Fuier anmaoken. Wenn et düchtich keolt wür, hätt et ne Stunne diuert bet de Scheolstoben warme wass. Seo lange noch mee Holt innebott wur, mosten de greoten Scheoljungens de 25 cm langen Holtstücke spalten un upschichten.

Eun Scheulmester moste 40 bet 50 Kinner unnerrichten. De Kinner würn in`n Oller von sess bet veuerteun Johr. Vör de Greoten ging et Klocke seben, in Winter Klocke achte leos. Se harrn Unnerricht bet Klocke teine or ölwe. Hinnerher keimen de Lütchen un harrn eok noch tweu Stunne Unnerricht. Veele Kinner können wenn se inne Scheole keimen nich richtich Hochduitsch spräken. Da har de Scheolmester seune Last mee.

Ne Scheoltiuten an den eusten Scheoldach gaff et nich. Et gaff joa nix vör inne Tiuten. Velichte gaff et eun Poar annere Scheo (Schuhe). De Lehrploan sach seo iut: De Lütchen mosten moalen un dat Schreuben lern. Schreben wur upp noa Toafel. De Greoten harrn ne halwe Stunne Religion , un ne halwe Stunne Räken de Rest verdeule seck upp Duitsch, Schönschreuben, Diktat un Upsatz Teuken, Heimatkunne un Singen. Schrebn wur me ner Staohlfern. De moste in Tinte innestippet wern.

Turnen stonnt vör de Greoten euk upp`n Stunnenploan. Turngeräte fählen, darümme mösten Ballspeele upp er Stroaten moaket wern. Vör de Maikens von`n veuerten Scheoljoahr an würn tweu Stunne Knüttelstunne annesettet. Da wur häkelt, Strümpe un annere Soaken knüttet un dat Naihen wur öhnen eok eweuset. Dat mosste meistens de Friu von`n Scheolmester deon.

De Scheolmester wass ne "Respektsperson". Heu verlange von den Kinnern Gehorsam un Ordnunge. Wenn weu Jungns den Scheolmester upp er Stroaten dreupen, mosten weude Müzzen affnöhmen un freudlich: "Guten Tag Herr Lehrer" sagen. De Maikens mosten nen Knicks moaken un euk de Doagesteut (Tageszeit) seggen. Scheolkinner de den Unnerricht steiern, de uppn Scheolweje schmeiken, Vogelnester iutneihmen, Tiere quält häbbet oder logen oder klaut harrn, wurn mee Stockschlägen bestroafet. Wenn Eune te loate inne Scheole kamm, mosste heu ne halwe Stunne noahsitten. Inner Scheole seuten de unneren Joargänge vörne. De "Kleukste" satt hinnern. Et würn joa veuer bet sess Joahrgänge in eunen Rium!!

Seo ümme 1924 hebbet se beu ösch de "Sütterlin Schrift" innefeuert. Wenn eck et noch seo recht weut, sind veuerteun (14) Beukstoaben annerssta wurn. Vör ösch Kinner was dat bäter, man briuke nich seo oft affteosetten wen`n den Beokstoaben schreeben hät.

Pausen gaff et freuer eok all. Aober de bestimme de Scheolmester. Er gaff noch keune elektrische Klingel. Weu Kinner harrn doch keune Iuer (Uhr). Weu mosten gleiben watt de Scheomester ösch säh. De Scheolkinner brochten seck alle eun Botterbreot von Hiuse mee. Dat wass in Zeitungspapeuer innewickelt. Süss gaff et nix teon inwickeln. De Kinner wo de Öllern keune Zeitungen harrn, stoppen seck de Stullen seo in`n Tornister. Dat wass nich geot vör de Beuker!!

Wen`n Dost har, moste man Woater drinken. Anner Hiuswand stonnt ne Zucken (Pumpe) doa hänge seon lütjer Pott anne, un wen`n denn noch Kind fand dat pumpe, denn kon`n schönet, frischet Woater drinken.

Tuichnisse (Zeugnisse) gaff et euk. Aober erst aff den drütten Scheoljjoahr. Et gaff Zensuren von 1 - 5. Euk vör Bedrägen un Upmerksamkeit.

In den Dörpern de keune Kerken harrn, (Höwinge un Haddessen heiern do teo) was jümmer an`n eusten un an drütten Sonndach "Boibelstunne" vör Kinner von veuerten Scheoljoahr an Dat Vörlesn moake de Scheolmester. In Joahr 1921 iss dat affeschaffet .

Bet 1919 stön`n de Scheolen unner Uppsicht vonner Kerken. Eun Pasteoer (Pastor) kamm ass Scheolinspektor mehrmoals in de Scheole. Hei keek doa noan Rechten un hätt ösch Kinner prüfet.

Verfasser des Berichtes ist
Konrad Diekmann
Geboren am 11. Febr. 1912
In Höfingen.
Aufgeschrieben von
Horst Boose.

Höfingen, den 16.02.2008

In der Schule

von Konrad Diekmann.

Weil es in Höfingen keine Schule gab, habe ich meine Schulzeit von April 1918 in der Haddesser Schule verbracht. Der Schulweg war zweitausend Meter weit. Schlimm war es im Winter wenn wir kleinen Kinder durch den tiefen Schnee gehen mussten. Das Schulhaus hatte einen Unterrichtsraum und die Lehrerwohnung mit einer Tür zum Schulraum. Im Schulraum standen an der Seite die Bänke und die waren mit einem Tisch und der Tornisterablage verbunden. Davor stand in der Mitte das Lehrerpult, und an der einen Seite die große Tafel und an der anderen Seite der Bücherschrank. In der Ecke stand der Ofen. Ein Junge musste sich um das Feuer kümmern. Er musste morgens eine halbe Stunde früher kommen und den Ofen anheizen. Wenn es sehr kalt war, dauerte es eine Stunde bis der Schulraum warm war. Solange noch mit Holz geheizt wurde, mussten die großen Schuljungen die 25 cm langen Holzscheite spalten und aufschichten.

Ein Lehrer musste 40 bis 50 Kinder unterrichten. Die Kinder waren im Alter von 6 bis 14 Jahre. Für die Großen begann der Unterricht um 7 Uhr, im Winter um 8 Uhr. Sie hatten Unterricht bis 10 bzw.11 Uhr. Danach kamen die Kleinen, die hatten auch noch mal zwei Stunden Unterricht. Viele Kinder konnten wenn sie in die Schule kamen nicht richtig Hochdeutsch sprechen. Das war eine Belastung für den Lehrer.

Eine Schultüte am ersten Schultag gab es nicht. Es gab ja nichts in die Tüte zu tun. Vielleicht gab es ein Paar andere Schuhe, für den Schulweg !

Der Lehrplan sah so aus:

Die Kleinen mussten malen und das Schreiben lernen. Geschrieben wurde auf einer Schiefertafel. Die Großen hatten eine halbe Stunde Religion, und eine halbe Stunde Rechnen. Der Rest verteilte sich auf Sprachlehre, Schönschrift, Diktat, Aufsatz, Zeichnen, Heimatkunde und Singen. Geschrieben wurde mit einer Stahlfeder die musste in die Tinte getaucht werden. Weil Turngeräte fehlten mussten Ballspiele auf der Straße gemacht werden. Für die Mädchen von 4. Schuljahr an waren zwei Handarbeitsstunden angesetzt. Da wurde gehäkelt, Strümpfe und andere Sachen gestrickt und das Nähen wurde auch gelehrt. Diesen Unterricht gab meistens die Frau des Lehrers.

Der Lehrer war eine 'Respektsperson'. Er verlangte von den Kindern, Gehorsam und Ordnung. Wenn wir Jungens den Lehrer auf der Straße trafen, mussten wir die Mütze abnehmen und freundlich: "Guten Tag Herr Lehrer", sagen. Die Mädchen mussten einen Knicks machen und auch freundlich die 'Tageszeit' sagen. Schulkinder die den Unterricht störten, auf dem Schulwege rauchten, Vogelnester ausnahmen, Tiere quälten, logen oder geklaut hatten wurden mit Stockschlägen bestraft. Wenn ein Kind zu spät kam, musste es eine halbe Stunde nachsitzen. In der Schule saßen die unteren Jahrgänge vorne. Der 'Klügste' saß immer ganz hinten. Es waren ja bis zu sechs Jahrgängen in dem Schulraum.

Im Jahre 1924 ist bei uns die 'Sütterlin Schrift' eingeführt. Wenn ich es noch richtig weiß, wurden ab dann 14 Buchstaben anders geschrieben. Für uns war es eine Erleichterung. (Obwohl die jetzige Schrift ist viel besser.)

Pausen gab es damals auch schon. Aber die bestimmte der Lehrer. Es gab ja noch keine elektrische Klingel, und wir Kinder hatten keine Uhr. Wir mussten glauben was der Lehrer sagte. Die Schulkinder brachten sich alle ein Butterbrot von Zuhause mit. Es war in Zeitungspapier eingewickelt. Kinder, deren Eltern keine Zeitung hatten, steckten sich die Stullen so in den Tornister. Das war nicht gut für die Bücher!!!

Wenn man Durst hatte, mussten man Wasser trinken. An der Hauswand stand eine Pumpe an der hing ein Becher und wenn man dann noch ein Kind fand, welches pumte, dann konnte man schönes, frisches Wasser trinken.

Zeugnisse gab es auch, aber erst vom dritten Schuljahr an. Zensuren von 1 - 5. Auch für Betragen und Aufmerksamkeit. In den Dörfern, die keine Kirche hatten, - Höfingen und Haddessen gehörten dazu - war jeden ersten und dritten Sonntag Bibelstunde. Die Bibelstunde wurde vom Lehrer abgehalten. 1921 ist dieser Brauch abgeschafft.

Bis 1919 standen die Schulen unter der Aufsicht der Kirchen. Ein Pastor kam als Schulinspektor in die Schule und sah nach dem Rechten und hat uns Kinder geprüft.

Verfasser des Berichtes ist
Konrad Diekmann
Geboren am 11. Febr. 1912
In Höfingen.
Aufgeschrieben von
Horst Boose.

Höfingen, den 19.02.2008