Hirtenwesen


Das Hirtenwesen regelte die Verordnung vom 18. Oktober 1828. In 20 Paragraphen werden die Erfordernisse und Obliegenheiten der Hirten sowie andere auf das Hirtengeschäft sich beziehende Verhältnisse näher bestimmt. Zu Hirten sollten nur solche Leute angenommen werden, welche hinreichend körperliche Tüchtigkeit besitzen und bei Beschädigung oder dem Erkranken des Viehes in Eilfällen vor möglicher ärztlicher Hilfe, z. B. bei dem Aufblähen, 'Erste Hilfe' leisten können. Jeder Hirte musste vor der Verpflichtung nachweisen, dass er den vorgeschriebenen Unterricht beim Kreistierarzt erhalten hatte. Im Jahre 1858 betrugen die Unterrichtsgebühren einen Taler. Die in der Chronik beigefügten Fotokopien, die Hirten Christian Schlenz und Wilhelm Mengerßen betreffend, geben uns einen Einblick.

In unserer Gemeinde gab es drei Hirten, den Kuhhirten (Keohhoeer), den Schweinehirten (Swoinehoeer) und den Schafhirten (Schaiper). Nach Paragraph 17 der Verordnung hatten die Hirten die ihnen anvertraute Herdes wachsam und mit Sorgfalt unter genauer Beobachtung der Hutegrenzen und überhaupt ohne jemandes Beeinträchtigung zu hüten. Ein Hirte, dem wegen mehrfachem Hutefrevel das Recht zum Hirtenberufe gerichtlich abgesprochen worden ist, sollte in seinem bisherigen Dienste nicht über die gewöhnliche Wechselzeit hinaus beibehalten werden.

Die Hirten sollten nach ihren Kräften zur Verbesserung der Weiden und Huten beitragen, z. B. auch die Maulwurfshaufen und den Unrat der Tiere auseinander werfen u.a.m., gleichwohl ohne Vernachlässigung der Aufsicht über das zu hütende Vieh. Die Herde wurde in der Zeit um den 1. Mai bis in den Spätherbst ausgetrieben. Wenn morgens das Horn des Hirten erklang, drängten die Kühe aus den Stalltüren und ordneten sich in die Herde ein. Nach wenigen Tagen hatten sich die Kühe an die Ordnung gewöhnt und strebten abends sicher ihrem heimischen Stalle zu, um ihren gewohnten Platz einzunehmen.

Mittags begaben sich die Bauersfrauen und die Mägde zum Melken auf den dafür bestimmten Platz im Finnenbergwalde, der als Flurname 'Middagsläger' an diese Zeit erinnert, so auch 'Keohläger'. Unter dem 8. Juni 1849 werden sämtliche Ortsvorstände vom Landrat Loßberg aufgefordert, binnen acht Tagen zu berichten, ob in ihren Gemeinden schulpflichtige Kinder als 'Gehülfen' der Kuh- und Schweinehirten herangezogen werden und ob dieses nach der Reihe oder nach welchen sonstigen Bestimmungen ausgeübt wird. Mit der Verkopplung und der Ablösung der Forstservitutenrechte endete das Huterecht, das durch Landzuweisungen an die Berechtigten abgelöst wurde.

Der Schweinehirt (Swoin) aber zog noch bis etwa 1912 mit seiner Schweineherde in 'dä Swoinegrund' hinter dem großen Halse. Frau Minna Quante, geborene Sempf, berichtet folgendes:

'Der letzte Schweinehüter in Höfingen war mein Großvater Wilhelm Sempf, Texas, Nr. 34, geb. 10.11.1835, gest. 5.1.1916. Er hütete die Zuchtsauen für die Bauern im Finnenberge. In der Hand trug er einen derben Knotenstock, um den Hals hatte er sich ein blankes Messinghorn gehängt. In der Tasche seines hellbraunen Mantelumhanges trug er ein Messer, um die Schulter eine kleine Ledertasche für das Frühstücksbrot. Seinen Kopf bedeckte ein großer Hut. So ging er, den Hund an der Seite, in das Dorf. Er blies vor jedem Hof in sein Horn, und die Bauern ließen ihre Schweine aus dem Stall. Mit der Herde zog er dann in die Gründe, wo die Sauen nach Eicheln und Bucheckern wühlten.'

Quelle: Chronik des Sünteldorfes Höfingen, Seite 272