Flurhüter und Nachtwächter


Zur Sicherung der Felder, zur Verhinderung von Feld-, Forst-, Hutefreveln und anderer Vergehen an fremden, im Freien befindlichen Gegenständen, war nach der Verordnung für Kurhessen vom 30. Dezember 1826 in jeder Gemeinde durch die Polizeibehörde ein Flurhüter einzusetzen. Jeder Frevel musste dem Ortsvorstand oder dem betreffenden Polizei-Offizianten angezeigt werden. Der Schaden war bei einem mutmaßlichen Betrage unter drei Talern durch einen, bei höherem Werte durch zwei verpflichtete Schätze, in ungewöhnlichen Fällen von besonderer Wichtigkeit durch drei glaubwürdige Sachverständige festzustellen. Alle weiteren Maßnahmen als Folgen solcher begangenen Frevel oder von Diebstählen werden in zwanzig Paragraphen eingehend erläutert.

Der Ortsvorstand hatte nach Paragraph 7 ein auf mehrere Jahre einzurichtendes Rügebuch zu führen. So ist in einem Rügebuch aus dem Jahre 1830 zu lesen: 'Der Einlieger (Name) hat auf der Wiese von Wellhausen Gras und Laub geschnitten. Der Schaden beträgt 1 Sgr.'

Unter dem 28. März 1852 wird in einem 'Ausschreiben der Kurfürstlichen Regierungs-Kommission' Klage darüber geführt, dass Feld-, Garten- und Hutefrevel überfall auf eine bedauerliche Weise überhandnehmen. Die Herren Ortsvorstände werden daher aufgefordert, die gesetzlichen Vorschriften mit gebührender Strenge zu handhaben, und nur solche Leute als Feldhüter anzunehmen und zur Verpflichtung vorzuschlagen, die eine gewissenhafte, unparteiliche Erfüllung der Pflichten erwarten lassen. Sie sind außerdem in der Ausübung ihres Dienstes streng zu überwachen, und jede Vernachlässigung ist nach Maßgabe des � 103 der Gemeindeordnung zu bestrafen, nötigenfalls hat eine sofortige Dienstentlassung zu erfolgen. Der Ortsvorstand hat dahingegen aber auch die Pflicht, die Flurhüter in der Ausübung ihres Dienstes zu unterstützen und sie vor Unbill zu bewahren.

Es folgen dann noch weitere genaue Anweisungen für die Ortsvorstände. Die Verordnung vom 30. Dezember 1826 ist vor der versammelten Gemeinde Anfang April, Juni, August und Oktober jeden Jahres zu verlesen, das Geschehen in dem Geschäftsregister des Ortsvorstandes (Bürgermeisters) im Monat und Tag zu vermerken, das vorgeschriebene Rügebuch sorgfältig und vollständig zu führen und bei Inspektion und Dienstkontrollen zur Einsicht vorzulegen u.a.m.

Unter 7. wird auch auf die strenge Handhabung der Verordnung vom 18. Okt. 1828, das Hirtenwesen betreffend, hingewiesen . Nach den amtlichen Unterlagen wurde in unserer Gemeinde das Amt des Flurhüters mit dem des Nachtwächters oft in Personalunion verwaltet, obgleich diese Ämtervereinigung bei der amtlichen Revision am 2. Juni 1862 noch als unvereinbar beanstandet wird.

Für die Übernahme des Nachtwächters war ein unbescholtener Lebenswandel Voraussetzung, außerdem musste, wie beim Flurhüter, die Bescheinigung des Revierförsters vorliegen, dass der Bewerber als Forstfrevler nicht bekannt geworden sei. Der Nachtwächter ging mit Horn, Spieß und Laterne durch die Straßen und sang sein Stundenlied. Am verbreitetsten waren wohl die Worte des beigefügten Liedes aus dem 18-ten, nach der Weise aus dem 17. Jahrhundert.

Die Aufgabe des Nachtwächters war einmal, die Dorfbewohner vor Einbrechern zu schützen, und zum anderen, Obacht auf ausbrechende Feuer zu geben. Darum schloss er beim Stundenlied jedes Mal die Strophe mit der Ermahnung: 'Löscht das Feuer und wahrt das Licht, dass euch kein Schaden gebricht.' Auch auf die Einhaltung der Polizeistunde in den Wirtshäusern hatte der Nachtwächter streng zu achten. Den älteren Einwohnern ist der Nachtwächter noch aus den Jahren nach 1900 bekannt.

Am 31. Dezember, dem letzten Tage des alten Jahres, ging der Nachtwächter von Haus zu Haus, blies sein Horn und sprach in frei gereimten Sprüchen seine Glückwünsche für das neue Jahr aus. Am Neujahrstage empfing er dann bei seinem Besuch ein Geldgeschenk. Das gehörte zu den Rechten des Nachtwächters und war alter Brauch.

Trotz strenger Dienstanweisungen kamen doch Vernachlässigungen vor. So lesen wir in einem Bericht unter dem 15. September 1869, dass der Fußgendarm der 1. Gendarmeriebrigade die Gemeinde Höfingen abpatrouillierte und den Nachtwächter nicht auf der Straße, sondern gegen 11 � Uhr in seiner Wohnung antraf. � Für jede Vernachlässigung des Dienstes musste der Nachtwächter auf dem Verbindungswege drei Haufen Steine schlagen.

Folgende Personen übten in unserer Gemeinde nach den amtlichen Unterlagen das Amt des Flurhüters und des Nachtwächters aus:



Quelle: Chronik des Sünteldorfes Höfingen, Seite 268